Samstag, 28. April 2007

Unsitte Neuroleptika : Wofür man Zyprexa nicht verwenden sollte

Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Ich halte Neuroleptika, insbesondere die inzwischen auch nicht mehr ganz so "neuen" atypischen Neuroleptika für sehr wirksame und sehr sinnvolle Medikamente. Wenn sie denn sinnvoll und wirksam angewendet werden (und hoffentlich auch noch von den Patienten regelmässig eingenommen werden). Die letzten Tage habe mir aber mal wieder Zweifel daran aufkommen lassen, wofür nun gerade Zyprexa (Olanzapin) eingesetzt wird. Ehrlich gesagt glaube ich, dass die Pharmavertreter von Lilly da doch Erfolge in einer ganz fürchterlichen Art und Weise für die Firma verbuchen können und immer mehr "off-label" Anwendungen erfolgen.

Die erste offenbare "off-label" Indikation ist die Magersucht. Da eine der fürchterlichsten Nebenwirkungen von Olanzapin eine Störung des Appetitempfindens mit Appetitsteigerung und Gewichtszunahme (aber auch Blutzuckerstörungen) ist, wird offenbar von einigen Ärzten in den Kliniken Zyprexa als eine Art chemische Zwangskeule gegen die Magersucht verordnet. Soll die Patientin doch endlich mal zunehmen, wenn es schon mit gut zureden nicht funktioniert. So wird das aber nichts. Man verscherzt sich damit nicht nur das Vertrauen der Patientin sondern handelt sich auch noch weitere Nebenwirkungen ein. Warum eine Anorexie-Patientin zu uns mit 30 mg Zyprexa aus einer grossen Psychiatrie-Klinik verlegt wird (o.K. Komorbidität emotional-instabile Persönlichkeit) verstehe ich jedenfalls nicht. Und geht auch aus dem Brief nicht hervor, der mitgeschickt wird.

Ähnliche Problematik aus Österreich : Ein junger Mann mit ADHS. Hatte früher Amphetaminsaft, jetzt Concerta. Und ist in eine depressive Krise geraten. Klagte über Unruhe und Anspannung. Wofür er Zyprexa erhält. Eigentlich keine schlechte Idee könnte man meinen, da tatsächlich bei einigen ADHS-Patienten die Reizüberflutung dadurch besser wird. Nur : Methylphenidat wirkt halt als Dopamin-Wiederaufnahme-Hemmer (an den Dopamin-Transportern), währen die Neuroleptika die Dopamin-Rezeptoren an der postsynaptischen Zelle) blockieren und damit gerade einen vermeintlichen Dopamin-Überschuss bei einer Psychose auffangen sollen. Wenn ich Methylphenidat und Olanzapin kombiniere, lege ich das Dopaminsystem ordentlich lahm. Was noch mehr Unruhe macht. Wogegen noch mehr Olanzapin verordnet wurde. Zuletzt 10 mg morgens, 20 abends und dann nochmal 10 mg bei Bedarf. Jetzt lief der Mann als Zombie rum und war suizidal. Wäre ich auch....

Nochmal : Es kann gute Gründe geben Zyprexa auch bei atypischen Krankheitsverläufen ausserhalb einer Schizophrenie zu geben. Aber dann sollte man sehr gute Gründe dafür haben, wenn man es einsetzt....

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