Montag, 27. Juli 2009

Medizin : Wenn der Arzt eine "Macke" hat

Zugegeben, ich bin nicht der einzige Arzt, der eine Macke hat. Ich stehe aber dazu, dass ich mich als ADHS-Spezialist wie alle anständigen Psychiater auf die Störung spezialisiert habe, die ich am besten kenne. Weil ich sie habe und damit gut kenne. Gut, man muss nicht als Chirurg einen vereiterten Blinddarm bei sich abwarten, bis man ihn bei einem 9 jährigen Mädchen operieren darf. Aber es ist schon hilfreich, wenn man seine Patienten versteht, weil man versteht, was sie sagen oder meinen (auch wenn sie es nicht direkt sagen)

In Stern.de habe ich gerade vom ADHS-Bekenntnis von Dr. von Hirschhausen gelesen. Sehr sympathisch und sehr lesenswert. Ich mag seine Programme und ich empfehle sein Programm Glücksbringer meinen Patienten regelmässig. Positive Psychologie auf den Punkt gebracht.

Stellt sich die Frage, ob ein Arzt mit ADHS ein besserer Arzt ist. Vielleicht empathischer. Aber seien wir ehrlich. Ein Arzt, der ständig wichtige Details durcheinander bringt, zu spät käme oder schlicht Aufgaben nicht abschliesst, wollen wir auch nicht. Solten also alle ADHS betroffene Ärzte Komiker werden. Wohl auch nicht.
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Leider häufen sich die Klagen von Berufskollegen mit deutlichen ADHS-Hinweisen, dass sie den Anforderungen in den Kliniken oder Praxen nicht mehr gewachsen sind. Arztbriefberge sind beispielsweise eine mir auch nur zu bekannte Folge. Aber sich hinter einer Diagnose verstecken kann auch keine Lösung sein. ADHSler brauchen Nischen, in denen sie existieren und sich wohl fühlen können. Sie können nicht ALLES so gut wie andere, dafür einige Dinge aber eben anders - vielleicht auch besser.

Danach suchen, was man gut oder besser-als-erwartet kann, wäre die Lösung. Aber auch sich eingestehen, was nicht so klappt. Das können ADHSler eben auch nicht so.

Viele Ärzte haben Suchtprobleme (ich gottlob nicht). Das Verheimlichen von eigenen Macken, das Ausweichen oder Verheimlichen von Problemen ist ein riesen Problem.

Ärzte sind auch (nur) Menschen. Für sie kann es aber eben verdammt schwer sein, Hilfe zu bekommen oder sich überhaupt einzugestehen, dass sie Hilfe benötigen. In diesem Sinne kann von Hirschhausen eben auch Vorbild sein.

4 Kommentare:

Lora hat gesagt…

Bin völlig einverstanden mit dir! Sehr guter Artikel!

Erika Breit hat gesagt…

Interessanter Bericht! Aus dieser Perspektive hab ich bis jetzt gar nicht betrachtet! Wirklich sehr interessant!

Webmaster Nago hat gesagt…

Ja, Ärzte die oft als Übermenschen angesehen werden sind oft die ärmsten Hunde. Von einem Arzt erwartet man sich nicht, dass er Probleme hat. Eindeutig ein Problem in unserer Gesellschaft!

Anonym hat gesagt…

Sehr guter Artikel und erfrischend ehrlich! Wenn doch nur mehr Ärzte und Therapeuten diese Offenheit besäßen...!

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